Wer politisch entscheiden will, sollte wählen gehen. „Sonst wacht ihr am Tag nach der Wahl auf und sagt „Uj – das habe ich doch gar nicht gewollt“ – so wie die jungen Leute in Großbritannien nach der Volksabstimmung zum Brexit.“ Das sagte Friedericke Mey von der Partei Die Piraten und sie sagte es vor lauter jungen Leuten.
Die Berufliche Schule Ahrensburg hatte die Landtagskandidaten zu einer Podiumsdiskussion gebeten …
Großes Thema in einer weiteren Runde war die Frage nach dem Erstarken des rechten Meinungsspektrum bis hin zur Radikalisierung und der Kritik der Rechten an Europa. Der „Rechtsruck“ sei mehr ein Ausdruck des Protestes der Wähler mit wenig Blick auf den Inhalt, vermutete Christian Schubbert, „die Wähler haben sich enttäuscht von den etablierte Parteien zurückgezogen.“ Darauf müssten die Parteien reagieren und das gelinge auch, wie die Wahlen in den Niederlanden und Frankreich gezeigt hätten.Tobias von Pein mache sich über den Rechtsruck „Sorgen“, denn Europa sei „ein Friedensbringer, ohne den wir uns wieder gegenseitig in die Haare kriegen. Ich möchte auf das gelebte Europagefühl nicht verzichten.“ Für Tobias Koch ist jede Radikalisierung eine Gefahr und damit „die Axt an der Demokratie“, Rechts- wie Linksradikalisierungen, die Reise-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit einschränken wollten.
Silke Hammer monierte „das Schubladen-Denken“ und sieht die AfD nicht als radikale Partei des rechten Spektrums, sondern als konservativ. Sie vertrete Meinungen, die in der politischen Diskussion kaum präsent seien, zum Beispiel mit Blick auf das fehlende Sicherheitsgefühl der Menschen, die Existenz von Parallelgesellschaften ohne polizeilichen Zugriff oder die Kritik an der Finanzpolitik in Europa. Vor diesem Hintergrund seien Nationalstaaten unter einem europäischen Zusammenschluss sinnvoller als eine EU-Politik aus Brüssel ebenso wie die nationale Sicherung der Grenzen der europäischen Nationalsstaaten.
Die Ziele der CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, der Piraten und der AfD
Friedericke Mey hatte für Radikalisierung wenig Verständnis: „Ich kann Rassismus, Sexismus und Homophobie nicht tolerieren. Und mir reicht die CDU als konservative Partei völlig aus“, sagte sie mit einem Lächeln in Richtung ihres Landtags-Kollegen Tobias Koch. Auch sie gab ein klares Bekenntnis zu Europa, das ein friedliches Zeitalter ermögliche. Allerdings sprach sie sich für sehr viel mehr Bürgerbeteiligung und Bürgerentscheide aus, Mey: „Wenn die Menschen öfter an die Wahlurne müssten, gebe es auch weniger Politikverdrossenheit.“
Für Anita Klahn hat Europa „Rechte und Pflichten“, „ein Europa der Nationalsstaaten möchte ich nicht“. Aber es solle auch ein Europa der sozialen Gerechtigkeit sein, dies sei durch unterschiedliche Sozialgesetzgebungen und wirtschaftliche Bedingungen derzeit nicht der Fall. Klahn: „Wir sollten für Europa kämpfen.“
Zum Abschluss kam die Frage nach den Zielen der Parteien. „Investition in die Infrastruktur, mehr Qualität in den Bildungsabschlüssen und Kriminalität bekämpfen“, kam es von Tobias Koch. „Direkte Demokratie, mehr Bürgerbeteiligung und die Einstellung von 500 Polizistinnen und Polizisten jährlich“, sagte Silke Hammer. „Soziale Gerechtigkeit – jeder soll von dem Wohlstand der Gesellschaft profitieren, kostenfreie Kindertagesstätte und Investition in die Bildung“, sagte Tobias von Pein. „Freie Entscheidung bei der Bildung für G8 oder G9, kostenlose Bildung von der Kindertagesstätte bis zur Universität und kein Überwachungsstaat“, wünschte sich Friedericke Mey. „Nachhaltigkeit in Politik und Gesellschaft, den Ausstieg aus der Atomenergie und mehr Lehrerstellen“, sagte Christian Schubbert. Und Anita Klahn benannte die Ziele der FDP mit „Freitheit, Chancengleichheit und Eigenveranstwortung“.
Eine intensive Doppel-Schulstunde lang – übrigens in zwei Durchgängen -, stringent moderiert von Hannah Schmidt und Philine Krohn, forderten die Schüler der Beruflichen Schule Antworten von den Kandidaten. Die vielen Fragen ließen sowohl politisch als auch privat ein deutliches Bild von den Politikerinnen und Politikern entstehen – auch in ihren Ähnlichkeiten. Für rund 250 Schülerinnen und Schüler ist jetzt vielleicht nicht die Wahlentscheidung gefallen, aber eines sollte jetzt klar sein: Wenn sie nicht wählen gehen, gewinnt am Ende die Partei, die sie gar nicht als Sieger sehen wollten.
Quelle: ahrensburg24.de